Sonntag, 29. April 2012

Die Minen von Potosi-schrecklich und faszinierend!

Ok, das ist eindeutig einen eigenen Blog-Entry wert!!!
Vorgestern in Potosi haben Bram und ich eine etwas ungewoehnliche Tour gebucht. Potosi ist ja bekannt fuer seine Silberminen, die schon von den Spaniern genutzt wurden um jegliche Silbermuenzen im spanischen Reich zu produzieren. Diese Minen existieren heute noch, nicht alle natuerlich, aber doch noch einige. Wir waren in einer davon. Uff...
Ich muss sagen, ich hab naiverweise gedacht dass die Leute heutzutage unter etwas anderen Konditionen arbeiten als noch unter der spanischen Herrschaft. Das mag wohl auch sein, aber viel hat sich da sicher nicht getan. Es war ein absolut schockierendes Erlebnis mitten in den Minen zu stehen und den Leuten beim arbeiten zuzusehen. Die Minen sind ja eben noch in Betrieb und man kann da wirklich die Arbeiter besuchen!! Etwas makaber find ich, die Arbeit ist ja wirklich sauschwer und dann stehen ein paar Touris herum und machen Fotos von den armen Arbeitern. Unglaublich dass sowas moeglich ist, aber offensichtlich ist es das.
So, aber nun von Anfang an. Wir wurden zuerst in ein Basislager gebracht wo wir uns umziehen konnten, wir bekamen Kleidung von den Mineros (Minenarbeiter), eine schicke Hose, Gummistiefel, eine Art Hemd und einen Helm mit Lampe dran. Soweit so gut, zu der Zeit dacht ich noch das waer eine zusaetzliche Belustigung fuer Touristen, und nicht eine Notwendigkeit. Ich wurde besserem belehrt.
Wir wurden in Gruppen von 5-8 Leuten eingeteilt mit je 2 Guides. Eine Vorsichtsmassnahme. Nachdem wir uns dann einen Gruppennamen ausdenken durften und unser Guide Chapo uns erklaert hat das bringe Glueck in den Minen haben wir uns zu einem Minero-Markt aufgemacht, wo man wirklich ALLES kaufen kann was die Mineros dort unten brauchen. Von Dynamit (ich hab wirklich Dynamit in meinen Haenden gehalten!! nebenbei bemerkt, in jedem anderen Teil der Welt ist das Zeug illegal, nur in Potosi wird es noch benutzt und somit kann man es "legal" erwerben) bishin zu 96%igem Alkohol (der wird tatsaechlich als Ritual PUR getrunken!! 2 Schlucke werden fuer Pacha Mama auf den Boden geleert-fuer die 2 Haende und die 2 Fuesse die man in den Minen zum Ueberleben braucht und dann muss jeder einen kleinen Schluck nehmen, sollte man das verweigern gilt man offiziell als schwach und schwul. Also nimmt jeder einen Schluck, man mag ja nicht hintenanstehen). Weiters kann man kiloweise Kokablaetter kaufen. Die Mineros essen generell unter Tags nicht, erst wenn sie am Abend nach 8 verfluchten Stunden aus den Minen wiederrauskommen essen sie! Dafuer kauen sie Kiloweise Kokablaetter um die Enge, Hitze, den Hunger, Durst und andere menschliche Beduerfnisse gut zu unterdruecken. Schon allein das klingt supergesund, aber das ist noch nix im Vergleich zu dem was wirklich in den Minen abgeht! Die Tradition ist dass man den Mineros kleine Geschenke mitbringt. Wasser, Alkohol, Kokablaetter..je nachdem was man will. Wir haben jede Menge Wasser und Kokablaetter gekauft (und teilweise selber probiert, schmecken nicht gut, aber es geht ja auch nicht wirklich um den Geschmack..)
Ein weitere Stop war die Anlage zur Reinigung und Gewinnung des Silbers aus dem Gestein. Ich habs superinteressant gefunden, hat mich sehr an die Zeit im Qualitativen-Labor auf der Uni erinnert :) Die ganzen Trenngaenge, wie was abgetrennt wird, dass am Ende das reine Silber ueberbleibt...echt cool! :) Die Silberpaste die dann am Ende rauskommt wird dann getrocknet und exportiert da Bolivien selbst keine Analysenanlagen hat um die wahre Reinheit des Silbers zu bestimmen. Kosteneinsparungen des werten Praesidenten Evo Morales. Generell hatten auch die Mineros nicht wirklich positiv ueber ihren Praesidenten gesprochen, da er jegliche Wahlversprechungen nicht eingehalten hat. Und das seit etwa 9 Jahren!
Dann wars auch schon soweit und wir sind zu einem Eingang in den Minen gefahren. Ein wenig Bammel hatte ich schon als ich das dunkle Loch gesehen hab in das alle verschwunden sind, aber gut, ich hab Chapo vertraut (er wollte mich davor sogar mit einem aufgemalten Silberring heiraten, also musste ich meinem "fast-Ehemann" ja vertrauen ;) )
Der erste Teil war ok, es war zwar dunkel und man konnte nur gebueckt herumlaufen, es war teilweise glitschig am Boden weil die "Wege" mit Wasser ueberschgwemmt waren, der Weg hatte zahlreiche Loecher, und man musste jeden zweiten Schritt den Kopf ein wenig mehr einziehen weil die Decke, also der Tunnel teilweise ganz schoen weit runter gekommen war, so in etwas als ob der Gang fast kollabiert waere und dann haben sie es halt iwie "repariert" in dem sie was raufgestopft haben...sehr vertrauenswuerdig also..
Unser "Weg" war auch eine Haupttransportroute der mit Steinen befuellten Waggons die ihren Weg nach draussen gesucht haben. Das hiess immer wieder an die Wand druecjen und hoffen dass einen der Waggon nicht streift oder mitnimmt. Klar dass die Arbeiter nicht halt machen fuer ein paar Touris, schliesslich arbeiten sie ja und wir stoeren sie mehr oder weniger. Ein paar Fotos durften wir trotzdem machen, die Mineros waren wirklich (trotz der unmenschlichen Arbeit und den Bedingungen in denen sie die meiste Zeit ihres Lebens verbringen) superlieb und aeusserst freundlich und hilfsbereit. Ich war wirklich baff!!
Die Tour war wirklich ok bis zu diesem Zeitpunkt. Dann gings bergab. Imwahrsten Sinne des Wortes! Der Eingang des Berges den wir benutst hatten war auf dem 2.Level. Der Berg hat insgesamt 17 (!!!) Level in denen Mineros arbeiten!!! Kann man sich das vorstellen???!
Wir sind dann vom 2. in den 3.Level hinabgestiegen, ich hatte echt Angst und einige sind auch an dieser Stelle zurueck zum Ausgang weil sies nicht mehr ausgehalten haben. Ich wollte weiter, also hb ich mich zusammengerissen und bin weiter hinabgestiegen. Gottseidank war ich die erste gleich hinter Chapo (Maedels zuerst, hab ich sehr angenehm gefunden! :) ) und er hat mir ueber die schwierigen Stellen geholfen. Manchmal war wirklich ein paar Zentimeter rechts oder links von wo wir runtergeschlittert sind ein Riesenloch, mehrere Meter tief, da kann man sich gewaltig wehtun, bzw gscheit draufgehen, bist du narrisch, echt nicht ohne!! Aber nachdem wir den Abstieg in den 3. Level geschafft hatten gings mehr oder weniger eben weiter. Vorbei an Sulfaten (Zinksulfat, Kupfersulfat...in den schoensten Farben), Arsen (!!) und Asbest (!!) gings geburckt oder robbend durch die Tunnel. Da hab ich dann auch verstanden warum man die Schutzkleidung braucht!! Auch der Helm war von absoluter Notwendigkeit, ich hab mehrere Steine am Schaedel gekriegt, passiert halt wenn man hintereinander die engen Gaenge runterschlittert. Auch das Atmen wurde immer schwieriger, es war ultrastaubig, und wer weiss was ich da alles eingeatmet hab, ich glaub in den naechsten 5 Jahren sollt ich nicht schwanger werden..(hab ich nicht vor, nebenbei bemerkt;) ). Asthmatiker haetten dort unten wahrscheinlich nicht ueberlebt. Chapo hat uns auch immer wieder Geschichten erzaehlt, wie die haeufigsten Todesursachen (Staublunge, Krebs, geflogt von Minenkollapsen und toedliche Gase, hauptsaechlich Kohlenmonoxid-man hat spezielle Lampen die Kohlenmonoxid anzeigen, und sollte es soweit kommen muss man sich am besten den 96%igen Alkohol in die Nase spritzen damit das Gas nicht durchgeht, oder Saeuren wie Zitronensaeure oder Urin so schnell wie moeglich in die Nase kriegen!! Unpackbar, oder??!!) oder die Bedingungen in denen die Arbeiter ihr taeglich Brot verdienen, sowie dass nicht einmal ein Spital fuer Mineros existiert!! So eine Frechheit!! Die durchschnittliche Lebenserwartung von einem Minero, der 10-15Jahre in den Minen gearbeitet hat betraegt etwa 50 Jahre!! Und das ist schon das Maximum!! Weiters hat er uns erzaehlt dass der juengste Minero erst 10(!!) Jahre alt ist!!  Ich habs echt ncht gepackt als ich dasgehoert hab...10 Jahre, was hat der arme Bub denn fuer eine Lebenserwartung?! 30 Jahre?!! Unglaublich! Aber wenn die Leute einfach keine andere Wahl haben muessen auch schon die Kinder mit 10 in die Minen...und das in der heutigen Zeit...sollts nicht mehr geben sollt man meinen..tja, gibts noch!)
Wir sind weiter in den Berg gekrabbelt, auf allen vieren teilweise, total verschwitzt, es wurde immer heisser je weiter wir reinkamen, und man musste total aufpassen dass man auch nicht raufschaut, weil immer wieder Tropfen von undefinierten Substanzen auf uns runtergetropft sind und man das Zeug besser nicht in die Augen oder sonstwohin kriegt.
Unser letzter Stop bevor wir und auf den Rueckweg gemacht haben war ei tatsaechlicher Arbeitsplatz der Mineros. Eine Schweinehitze, um die 40 Grad, etwa 5 Mineros, ein paar hacken die Steine runter, die anderen befuellen die Saecke die sie zu den Waggons bringen. Ich waer fast umgefallen da drin, so heiss, so wenig Luft, so eng, so staubig. Ein unmoeglicher Arbeitsplatz.Wir wurden unser ganzes Wasser und die Kokablaetter los, also die Geschenke die wir mitgebracht hatten..und dann gings wieder in etwas kuehlere Gefielde. Ich war soooo froh..
Dann gings wieder zurueck. Und erst su diesem Zeitpunkt wurde mir klar dass wir das ganze ja wieder rauf muessen! Uff.. Ein supersteiler Weg, rechts und links von einem wieder Arsen und andere ungsunde Gschichten, die man moeglichst nicht beruehren soll, und ich klar gleich reingefasst weil ich sonst rueckwaerts runtergepurzelt waer, aber wohl war mir nicht bei dem Gedanken dass ich soviel fieses Zeug angefasst hab an dem Tag.. Nach dem furchtbaren Aufstieg sind wir schon am Weg nach draussen gewesen als ploetzlich ein unsagbarer Gestank den Tunnel gefuellt hat. Offensichtlich hat etwa 5min davor eine Sprengung stattgefunden udn wir mussten direkt durch dieses Gebiet, super! Wenig atmen, schnell gebueckt weiterlaufen, nix anfassen, nicht ausrutschen...Horror!!
Als wir dann endlich wieder Tageslicht gesehen haben war ich soooooo froh wieder draussen zu sein und nicht mein Leben lang Tag fuer Tag 8h in diesen Loechern verbringen zu muessen. Sollte ich je wieder ueber meine Arbeitsbedingungen jammern, bitte haut mich einer. Sowas wie dort kann man sich nicht mal in seinen schlimmsten Traeumen vorstellen, nie im Leben moecht ich dort wieder rein!
Aber ich bin froh dass ich diesen einen Tag einen Einblick in das Leben der Mineros werfen durfte, das hat mir wieder einmal die Augen geoeffnet wie schoen wir es doch alle haben und wie wenige Probleme wir in unserem Leben haben. Weder so schwerwiegende gesundheitliche Probleme, noch so eine harte Arbeit, noch solche Bedingungen, sowenig Geld oder sonstnochwas. Unpackbar, echt!
Tja, aus meinen detailreichen Ausfuehrungen kann man wahrscheinlich entnehmen dass das einen ziemlichen Eindruck hinterlassen hat den ich erst verarbeiten muss. Deshalb bin ich jetzt in Sucre und werde ein paar Tage hier bleiben und vielleicht (wenn moeglich) einen Spanischkurs besuchen! Zwar nur fuer ein paar Tage, aber schaden kanns nicht und ich muss mich sowohl von dem Tag in den Minen als auch von meiner natuerlich nicht besser gewordenen Erkaeltung erholen. Und Sucre gefaellt mir :) Gestern waren wir schon gross fort, viele liebe Leut hier, ich fuehl mich sehr wohl!! :)
Alsdann, ich hoffe der Eintrag war nicht zu lang und trocken, fuer mich wars ein wirklich spannender und schockierender Tag und ich wollte meine Eindruecke bestmeoeglich schildern. Foto kommen auch spaeter, dieser Computer mag meine SD-Karte einfach nicht lesen :(
Herzliche Gruesse aus Sucre :)

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